Die Müllsammler von Kairo

Vor gut einem Jahr drehte Hannah el-Hitami bei ihrem Auslandsjahr in Kairo eine Dokumentation über ein koptisches Viertel. In diesem Stadtteil leben die Menschen in bitterer Armut und verdienen ihr Geld durch das Sammeln des Mülls der Großstadt und dessen Wiederverwertung.

Weitere Informationen über Ägypten finden Sie auf The-Albatross.com

Aleppo: Endschlacht um Syrien?

Vor rund zwei Monaten noch schien die Armee Baschar al-Assads der Lage in Syrien Herr zu werden. Zu schwach war die aufständische Freie Syrische Armee und die kleinen lokalen Milizen. Doch inzwischen scheint sich zu bewahrheiten, was viele Beobachter des Konfliktes lange befürchtet haben, nämlich eine massive Radikalisierung und Konfessionalisierung. War es einst eine gesamtsyrische Bewegung, die neben der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit auch Alawiten, Christen und Drusen umfasste, so ist dieses anfängliche Erscheinungsbild längst einem oftmals radikal-sunnitischem gewichen. Doch diese Hinwendung eines großen Teiles der bewaffneten Opposition zu konservativ-islamischen Positionen scheint auch eins mit sich zu bringen: Stärke.

Längst bekommen Assads Truppen weite Teile des Landes nicht mehr unter ihre Kontrolle, kann der Präsident nicht mehr von einer terroristischen Minderheit sprechen, die man schnell besiegen könne. Es war ein massiver Schlag gegen das syrische Baath-Regime, „Aleppo: Endschlacht um Syrien?“ weiterlesen

Aleppo: Rebellen organisieren sich

Um die Stadt Aleppo wird seit den neuen Offensiven der Rebellen erbittert gekämpft. In einer Videobotschaft erklärte ein Vertreter vor hunderten Kämpfern die Zusammenfassung einzelner Kata’ib (Kampfeinheiten) zu einer großen Brigade, der Liwa at-Tawhid (Einheitsbrigade). Durch diese Konzentrierung und Zentralisierung der Organisationsstruktur erhoffen sie sich eine erhöhte Schlagkraft gegenüber der militärisch überlegenen Armee Baschar al-Asads. Während in Damaskus einzelne Stadtviertel von regierungstreuen Truppen zurückerobert wurden, kann die Tawhid-Brigade in Aleppo anscheinend Geländegewinne verbuchen. Nach eigenem Bekunden möchten sie die Zivilbevölkerung vor Übergriffen regierungstreuer Milizen schützen. Auch Alawiten und andere religiöse Minderheiten hätten nichts zu befürchten. Jedoch steht diese Brigade merklich unter Einfluss radikalislamischer Kräfte, die seit längerem versuchen, die demokratische Freiheitsbewegung der Syrer zu unterwandern.

Direkt im Anschluss der Videobotschaft machten sich hunderte Kämpfer der Lawa’u t-Tawhid auf nach Aleppo. Assads Regime scheint die Kontrolle völlig entglitten, da sich die große Anzahl an Kämpfern auf freiem Feld völlig ungehindert der strategisch und ökonomisch wichtigsten Stadt Syriens nähern kann.

Video einer Militäraktion der Tawhid-Brigade (nicht geeignet für Personen unter 18 Jahren!)

Militäraktion der Liwa’u t-Tawhid im Bezirk Hanano von Aleppo

Damaskus: „Dead bodies everywhere…Assad is killing his own people“

Hier könnt Ihr Dialoge zwischen einer Deutschen und zwei Syrern aus Damaskus verfolgen, die von den gestrigen Kämpfen in der syrischen Hauptstadt berichten und Videomaterial zur Verfügung stellen.(Namen wurden gekürzt)

A.: dead bodies everywhere in the streets and we cant burry them because of snipers outside. Bashar Al Assad is killing his people. we may not stay alive till tomorrow. heavy missle on all areas

A.: at the moment there are snipers everywhere

 when did it start today? and why? did people today demonstrated and that is why the regime started to shoot at them?

A.: no

A.: but the regime felt that everything is going out of control
army is refusing shooting innocent people
and they leave the army to make defence groups
defence groups are getting big
they want to use violence because everything is out of the regime’s control. „Damaskus: „Dead bodies everywhere…Assad is killing his own people““ weiterlesen

Wissenschaftliche Arbeit: Die Iranischen Revolutionsgarden

Logo der Pasdaran„Anfang 1979 überschlugen sich im  Kaiserreich Iran die Ereignisse. Der Unmut in der Bevölkerung gärte lange. 1979 gelang es einer vereinten Opposition das Regime des Moḥammad-Reżā-Šāh Pahlavī zu stürzen. Da der große Oppositionsführer mit Ruḥollāh Ḫomeinī ein islamischer Geistlicher und ein großer Teil der Bewegung gegen das bestehende System islamisch geprägt war, entwickelte sich die Revolution zu einer explizit islamischen Revolution. Nach der Rückkehr des Ayatollah aus seinem französischen Exil am 1. Februar 1979, begann für den Iran ein neues Kapitel in seiner Geschichte. Um die bisherigen Errungenschaften dieser Revolution zu schützen, brauchte Ḫomeinī ein militärisches institutionelles Organ.“ 

Heutzutage gelten die Iranischen Revolutionsgarden (pers.Pāsdārān) bezeichnet, vielfach als die eigentlichen Machthaber im Iran und somit als eine Institution, die mit der Zeit die Schaltzentralen der Macht in der Islamischen Republik erfolgreich unterwandern konnten. Was hat es mit diesen Thesen auf sich? In wieweit konnten die Revolutionsgarden ihren Einfluss auf Wirtschaft und Politik ausbauen? Welchen Machtfaktor haben diese im Iran, der derzeit im Fokus der Weltöffentlichkeit steht?

Die wissenschaftliche Arbeit Revolutionäre Militärinstitutionen in der Islamischen Republik Iran, Entstehung-Entwicklung-Aktionsfelder soll darüber Aufschluss geben.

Gliederung:

1.1 Begriffe

1.2 Der historische Kontext

2. Die Entstehung der Revolutionsgarden

3. Die Entwicklung der Pāsdārān nach der Revolution bis zum Ende des ersten Golfkrieges

4. Die  Basīǧ-e Mostaẓʿafīn und die Entwicklung der Pāsdārān nach dem Ende des 1. Golfkrieges

4.1 Die Gründung der Basīǧ

4.2 Die Entwicklung der Organisationsstruktur der Pāsdārān

4.3 Die Entwicklung von Teilstreitkräften

4.3.1 Die Luftwaffe der Pāsdārān

4.3.2 Die Marine der Pāsdārān

4.3.3 Die Qods-Einheit und der „Export der Revolution“

4.4 Die Rolle der Pāsdārān in der iranischen Wirtschaft

4.5 Der Einfluss der Pāsdārān in den Medien

4.6 Die Rolle der Pāsdārān in der Politik

5. Schluss: Gibt es eine Pāsdārānisierung?

6. Literaturverzeichnis

Die Arbeit gibt es hier als PDF

1. Einleitung: Begriffserklärung „Pāsdārān“ und die Islamische Revolution

1.1 Begriffe

Diese Hausarbeit trägt den Titel „Revolutionäre Militärinstitutionen in der Islamischen Republik Iran“ und handelt maßgeblich von den iranischen Revolutionsgarden. Der persische Name dieser Garden ist Sepāh-e Pāsdārān-e Enghelāb-e Eslāmi oder abgekürzt Sepāh. Gebräuchlicher ist aber der informelle Name Pāsdārān. Daher werden in dieser Arbeit hauptsächlich die Begriffe Pāsdārān oder Revolutionsgarde, beziehungsweise Revolutionsgarden im Plural verwendet. In englischen Zitaten findet man hingegen die Bezeichnungen Islamic Revolutionary Guard Corps, Iranian Revolutionary Guard Corps oder abgekürzt IRGC. Untersucht wurden Entstehung, Entwicklung und Aktionsfelder der Pāsdārān seit ihrer Entstehung im Jahre 1979 bis in die Zeit der Präsidentschaft von Maḥmūd Aḥmadī-Nežād.

1.2 Der historische Kontext

Anfang 1979 überschlugen sich im damaligen Kaiserreich Iran die Ereignisse. Der Unmut in der Bevölkerung gärte lange. 1979 gelang es einer vereinten Opposition das Regime des Moḥammad-Reżā-Šāh Pahlavī zu stürzen. Da der große Oppositionsführer mit Ruḥollāh Ḫomeinī ein islamischer Geistlicher war und ein großer Teil der Bewegung gegen das bestehende System islamisch geprägt war, entwickelte sich die Revolution zu einer explizit islamischen Revolution. Nach der Rückkehr des Ayatollah aus seinem französischen Exil am 1. Februar 1979, begann für den Iran ein neues Kapitel in seiner Geschichte. Um die bisherigen Errungenschaften dieser Revolution zu schützen, brauchte Ḫomeinī ein militärisches institutionelles Organ.[1]

 

2. Die Entstehung der Revolutionsgarden

Nach dem Sturz von Moḥammad-Reżā-Šāh Pahlavī verfasste Ruḥollah Ḫomeinī im Mai 1979 ein Dekret zur Gründung einer paramilitärischen Organisation zum Schutze der Errungenschaften der Revolution.[2] In dieser Volksarmee wurden Angehörige verschiedener islamistischer Milizen und paramilitärischer und revolutionärer Gruppen, welche sich aus religiös-fundamentalistischen Jugendlichen vom Land und islamisch geprägten Studenten zusammensetzten, zusammengefasst. Kenneth Katzman schreibt hierzu: „The Revolutionary Guard was initially an amorphous conglomeration of local, independent groupings of urban guerrillas, clerical militias, army defectors, and other pro-Khomeini militants that helped solidify the streets for Khomeini following the victory of the revolution.”[3] Die Gesamtstärke der Pāsdārān umfasste in dieser Anfangszeit etwa 10000 Mann.[4] Die Rolle der Revolutionsgarden wurde in der neuen Verfassung des Iran (1979) festgeschrieben. Nach Artikel 150 bleibt „Das Korps der Wächter der Iranischen Revolution (…)zur Fortsetzung seiner Aufgabe als Hüter der Revolution und ihrer Errungenschaften weiter bestehen“.[5] Die Pāsdārān waren von Anfang an der militärische Arm der Revolution. Ihre Aktionen richteten sich gegen die im Land verbliebenen Angehörigen des ehemaligen Šāh-Regimes, aber auch gegen jene Kräfte der einstigen Opposition, welche nicht mit Ḫomeinīs Vorstellungen einer islamischen Regierung konform gingen. Nach dem Sturz des Šāhs herrschte im Iran eine Art Machtvakuum, in dem die Zukunft der Staatsform noch ungewiss schien. Bei der Durchsetzung von Ḫomeinīs Konzept des velayāt-e faqīh und als Gegengewicht zur alten Armee des Šāhs sollten die Revolutionsgarden daher eine wichtige Rolle einnehmen. [6] Eine Zäsur in der Geschichte bildete der Iran-Irak-Krieg in den Jahren 1980 bis 1988. Dieser war der Ausgangspunkt für eine Entwicklung der Pāsdārān zu dem, was wir heute kennen.[7]

3. Die Entwicklung der Pāsdārān nach der Revolution bis zum Ende des ersten Golkrieges

Von Anfang an kämpfte das neue iranische Regime um sein Überleben. In verschiedenen Landesteilen gab es Erhebungen ethnischer Minderheiten wie den Balutschen, Kurden oder Turkmenen. Als sich 1981 die Moǧāhedīn-e Ḫalq von Ḫomeinī lossagten, entstand im Iran eine neue Front, an der die Revolutionsgarden eingesetzt wurden.[8] Allein in den Kurdengebieten wurden etwa 5000 aufständische Kämpfer getötet und circa 1200 Zivilisten ermordet.[9] Hier geht’s zur kompletten Arbeit…

Muslimbruder Mursi neuer Präsident von Ägypten

Mit einem Ergebnis von 51,73 Prozent der Wählerstimmen hat sich der Muslimbruder Muhammad Mursi knapp gegen seinen Herausforderer Ahmad Shafiq durchgesetzt. Auf dem Tahrir-Platz im Herzen Kairos feiern Zehntausende seinen Sieg. Die Taktik des Militärs und damit der alten Kader des Mubarak-Regimes scheinen somit vorerst gescheitert. Fraglich ist indes, ob das Militär bereitwillig die Macht an die Muslimbruderschaft abgeben wird.

Wer ist die Muslimbruderschaft? Interview mit der Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer

Kommentar zur Zuspitzung der Kämpfe in Syrien

von Fabian Schmidmeier

Gut eine Woche ist es her, seitdem die Blauhelme ihre Syrienmission verfrüht abbrachen. Sie sollten eigentlich einen vereinbarten Waffenstillstand zwischen den regimetreuen Truppen des syrischen Machthabers Baschar al-Assad und der Freien Syrischen Armee (FSA) überwachen. Doch der auf Vermittlung Kofi Annans zustandegekommene Plan wurde von Anfang an mehr ignoriert als eingehalten. Das Ende der Mission war anfangs auf den 20. Juni angesetzt worden. Doch beide Konfliktparteien wollten sich bis dahin einen militärischen Vorteil erkämpfen. Die Armee Assads schoss wahllos in Stadtviertel von Homs, Idlib, Daraa und anderen Städten, nahm dabei die Tötung von Zivilisten billigend in Kauf. „Kommentar zur Zuspitzung der Kämpfe in Syrien“ weiterlesen

Syrien: Das Morden geht weiter

Ein Jahr nach dem Beginn des Aufstandes gegen die Diktatur Bashar al-Assads dreht sich die Spirale der Gewalt weiter. Nachdem sich immer mehr Zivilisten der Freien Syrischen Armee anschließen und reguläre Truppen in Scharen zu den Aufständischen übertreten, haben sich seit ein paar Wochen scheinbar auch al-Qa’ida-Bataillone dem Widerstand angeschlossen. Dies dürfte dazu führen, dass in Syrien vollends ein konfessioneller Kampf entbrennt und der eigentliche Konflikt um den Sturz eines undemokratischen und nicht legitimierten, diktatorischen Systems ins Hintertreffen gerät. Vor allem salafistische Teile der Aufstansbewegung, allen voran die wohl auch über die saudische und irakische Grenze eingesickerten Kämpfer der al-Qa’ida sehen die christlichen Syrer und auch die muslimischen, aber schiitischen Alawiten, zu denen auch Bashar al-Assad gehört, als Ungläubige und damit auch als Freiwild an. Wie im Irak könnten diese dann zur Zielscheibe von Greueltaten ungekannten Ausmaßes werden, was dem anfänglichen Anliegen an einem freien Gesamtsyrien aller Konfessionen entgegensteht. Auch Bashar al-Assad heizt diesen Konflikt immer weiter an, wenn er Demonstranten pauschal als islamistische Extremisten verurteilt und mit einer erbarmungslosen Brutalität wahllos Stadtviertel im ganzen Land bombardieren lässt. Nachdem Assad bereits vor drei Wochen angekündigt hat, mit einer Offensive diverse Städte von der Freien Syrischen Armee zu „säubern“, scheint sein Vorhaben gescheitert. In den vergangenen Tagen und auch heute, erreichten uns immer wieder neue Bilder und Videos von neuen erbitterten Kämpfen um die Städte Homs, Hama, Aleppo oder Deir az-Zur.

„Syrien: Das Morden geht weiter“ weiterlesen

Interview mit Gudrun Krämer: „Ein ziviler Staat mit islamischem Referenzrahmen“

Während der Revolution versammelten sich tausende Gläubige auf dem Tahrir-Platz zum Gebet

Die Bilder gingen um die Welt, als in den arabischen Staaten die Menschen zu Hunderttausenden auf die Straßen strömten und den Sturz ihrer Herrscher forderten. Westliche Staatschefs wussten nicht so recht, wie sie die neuen Ereignisse einordnen sollten. Waren dies nur vorübergehende Erscheinungen oder doch erste Anzeichen eines historischen Umbruchs im Vorderen Orient? Könnten am Ende solcher Umwälzungen liberale Demokratien, regionalspezifische Mischsysteme oder doch eine Renaissance islamischer Orthodoxie stehen? Folgt in Ägypten jetzt die Machtübernahme der im Westen oft gefürchteten Muslimbruderschaft?

Eine Kennerin dieser Region ist die Islamwissenschaftlerin Prof. Dr. Gudrun Krämer. Im Rahmen eines Vortrages über die Muslimbruderschaft konnten zwei Redakteure der Studierendenzeitung Akon des Arbeitskreises Orient der Otto-Friedrich Universität Bamberg, Gudrun Krämer zu den aktuellen Ereignissen in Ägypten und der zukünftigen Rolle der Muslimbrüder befragen. (Zum Parteiprogramm geht’s hier)

Fabian Schmidmeier:Frau Krämer, wie haben Sie die Revolutionen in Ägypten und den anderen arabischen Staaten erlebt? Man hatte bei den Reaktionen der westlichen Staatschefs das Gefühl, dass diese Revolten sie kalt erwischten und niemand wirklich damit gerechnet hatte. Haben Sie es für möglich gehalten, dass sich eine Revolution anbahnt? „Interview mit Gudrun Krämer: „Ein ziviler Staat mit islamischem Referenzrahmen““ weiterlesen