Die Welt blickte gebannt auf die Fernsehbildschirme, als die Großdemonstrationen gegen den langjährigen Machthaber Hosni Mubarak und sein auf Korruption, Zensur und brutaler Unterdrückung basierendes Regime begannen. Heute jährt sich die „Revolution des 25. Januar“ zum zweiten Mal. Junge Revolutionäre begannen die Ereignisse dieser Tage und auch den Frust darüber, zentrale Forderungen immer noch nicht erreicht zu haben, in einer speziell für Ägypten charakteristischen Streetart auszudrücken. Solch eine Form der Kunst hat es so in dem Land noch nie gegeben. Sie erstreckt sich von subversiven Tags, Schablonen-Graffiti bis kunstvollen Gemälden, mit denen einerseits den Märtyrern gedacht, aber auch die alten und neuen Herrscher am Nil mit Humor aufs Korn genommen werden.
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„Die Revolution ist eine Idee, die nicht sterben kann“ steht auf einer Wand in der Innenstadt von Kairo. Vielen jungen Menschen spricht dies heute noch aus der Seele, da ihre Ideale aus ihrer Sicht noch lange nicht verwirklicht worden sind.
„Brot, Freiheit und Gerechtigkeit“ Das Motto der Revolution spricht für sich.
Khalid Muhammad Said war ein junger ägyptischer Blogger, der schon im Jahr 2010 von ägyptischen Polizisten aus Alexandria aus politischen Motiven ermordet wurde. Sein Konterfei ziert heute zahlreiche Wände. Der junge Oppositionelle diente und dient als Ikone für die liberale Jugend und die Bloggerszene.
Ahmed Harara ist ein Arzt, der während de Revolution am 28. Januar 2011 gegen Mubarak demonstrierte. Die Sicherheitskräfte schossen ihm in das rechte Auge, das nicht mehr gerettet werden konnte. Als ihn bei einer Demonstration am 9. November 2011 Polizisten wiedererkannten, schossen sie ihm gezielt in sein linkes Auge.
Ein Pfeiler der Mobilisierung von Demonstranten waren die Fanvereinigungen ägyptischer Fußballvereine, wie zum Beispiel die Ultras Ahlawy aus Kairo. Sie stellten sich geschlossen hinter die Revolution. Die meisten Toten auf dem Tahrir-Platz gehörten zu den Ultras Ahlawy.
„A.C.A.B. – All Cops are Bastards.Fairplay“ Der Hass der Revolutionäre bezog sich auf die Handlager des Regimes, unter anderem die Polizei.
„Freiheit für Syko“ Der junge Sprayer sitzt seit vielen Monaten in Haft.
„Freilassung der Inhaftierten oder Chaos!“ Mit dieser Drohung mahnen die Revolutionäre inhaftierte Gleichgesinnte unverzüglich freizulassen.
Die Ultras scheuten schon im Jahr 2011 am Tahrir-Platz die Auseinandersetzung mit den Schergen Mubaraks nicht. Am 1. Februar 2012 kam es zu einer späten Rache des Regimes. Fans des -auch ideologischen- Kontrahenten Al Masry stürmten den Block der Kairoer, es starben 74 Menschen. Die Polizei schritt nicht ein. Auf dieser Wand sind die Namen der Toten zu lesen. Darüber steht der Koranvers “Und betrachte diejenigen, die auf Allahs Weg gefallen sind, nicht als tot. Nein Sie leben bei ihrem Herrn, und sie werden dort versorgt.”(Al-Imran 3:169)
Alaa Abd al-Hadi wurde bei einer Straßenschlacht vor dem Kabinettsgebäude am 16. Dezember 2011 getötet. Bis heute warten seine Angehörigen auf eine Untersuchung des Falls.
„Qawim!“, „Resist!“ Trotz der brutalen Vorgehensweise der Sicherheitskräfte ließen sich die Ägypter nicht davon abbringen zu demonstrieren und dadurch Widerstand gegen ein unterdrückerisches System zu leisten.
Der Maler Abu Ghada bezeichnet sich hier selbst als Bruder der Märtyrer
Nach dem Rücktritt Mubaraks übernahmen die ägyptischen Streitkräfte die Macht im Staat. Dies sorgte für einigen Unmut in der Bevölkerung. So prophezeit diese Schablonenparole „Die Militärregierung wird stürzen“
Auch der Militärrat, der nach dem Sturz von Mubarak die Macht im Staate übernahm, wurde zum Gespött der Künstler. Feldmarschall Tantawi , früherer Kopf der Militärregierung, wird hier ebenso lächerlich dargestellt, wie an den Rändern die Salafisten.
Feldmarschall Tantawi wurde gar vorgeworfen, das alte Regime mit ihm als neuen Kopf an der Spitze fortzuführen. Auf der Wandmalerei sieht man daher die linke Gesichtshälfte Mubaraks mit der rechten Hälfte des Feldmarschalls
Während die Menschen gegen den Militärrat protestierten, warfen sie auch dem staatlichen Fernsehen gezielte Fehl- und Desinformation vor.
„Die Umma soll stolz auf Syrien sein und das Beten für Syrien ist ihre Pflicht“ Der Arabische Frühling nahm seinen Anfang in Tunesien. Wie ein Lauffeuer wurde der revolutionäre Geist der Jugend in den meisten arabischen Ländern entfacht. Besonders heftig waren und sind die Auseinandersetzungen in Syrien. Deren Revolutionäre gelten bei den Ägyptern als Helden.