Maltesisch: Eine europäisch-arabische Geschichte

Was spricht man eigentlich auf Malta? Auf die Mittelmeerinsel angesprochen, fällt vielen spontan Italienisch oder Englisch ein. Doch hinter Maltesisch verbirgt sich eine sehr interessante Sprachgeschichte, denn es ist wohl eines der prägendsten „Überbleibsel“ europäisch-arabischer Sprachgeschichte.

Maltesisch ist nämlich genau genommen ein dem alten Tunesisch sehr ähnlicher sizilianisch-arabischer und maghrebinischer Dialekt. Sizilien befand sich seit dem 9. Jahrhundert n. Chr. unter arabisch-muslimischer Herrschaft. 826 revoltierte der byzantinische Usurpator Euphemius gegen Kaiser Michael II und rief den aghlabidischen Herrscher von Tunis zu Hilfe. Im Laufe des 9. Jahrhunderts wurden noch die restlichen Orte auf Sizilien den Byzantinern entrissen. Fortan siedelten Araber vom nordafrikanischen Festland auf Sizilien und Malta, Arabisch wurde über die Zeit gesprochene Sprache und auf Malta und der Nachbarinsel Gozo wohnten Christen und Muslime.

Der Bruch mit der arabischen Sprachentwicklung im islamischen Reich
Nach der Beendigung der muslimisch-arabischen Herrschaft auf Sizilien und Malta, fiel die Insel 1090 an die Normannen, schließlich an das Königreich Sizilien und im Jahre 1282 an das Reich Aragon. Für die arabische Sprache Maltas hatte die Eroberung der Insel durch christliche Reiche weitreichende Folgen. Während das sizilianische Arabisch komplett verschwand und nur noch in  Form von Lehnwörtern im sizilianischen Italienisch konserviert wurde, behielt Malta seinen arabischen Dialekt bis heute bei. Doch wurde die Dialektentwicklung seit der Loslösung vom muslimisch-arabischen Reich von der Entwicklung des dortigen Arabisch gekappt. Dort wirkte nämlich der Koran mit seiner Fixierung des Koranarabischen einer schnelleren Entwicklung der arabischen Sprache stets entgegen. Das maltesische Arabisch war davon unabhängig geworden, insbesondere nach Zwangskonversionen oder Vertreibungen der muslimischen Bevölkerung nach Nordafrika.

Maltesisch: Eine latinisierte semitische Sprache
Die Struktur des Maltesischen blieb stets semitisch-arabisch, doch insbesondere der italienische Einfluss bewirkte eine starke Latinisierung, sodass ein großer Teil des maltesischen Vokabulars heute italienischen Ursprungs ist. Auch Franzosen und Engländer hinterließen ihre Spuren, sodass Maltesisch inzwischen zu einer Mischsprache avanciert ist. Insbesondere Arabisten oder Studenten des tunesischen Dialekts werden ihren Spaß bei der Beschäftigung mit dem Maltesischen haben, denn die Ähnlichkeiten zum tunesischen Daradscha sind nicht zu überhören. Ein Satz, mit dem sich Malteser gern begrüßen, zeigt die arabischen Wurzeln und den prägnanten italienischen Einfluss: Bonġornu, kif int? (Guten Morgen, wie geht’s?) Der erste Satzteil beginnt mit dem italienischen Lehnwort buongiorno (Guten Morgen), während kif int eine Dialektform von kayfa anta/anti (wie geht’s dir) ist.

Bereits 1990 bewarb sich die Insel erstmals um eine Mitgliedschaft Maltas in der EU. Am 1. Mai 2003 erfolgte schließlich der Beitritt zur Europäischen Union. Maltesisch ist somit eine der Amtssprachen der EU und mit ihr eine semitische Sprache, deren arabisch-europäische Geschichte viele (noch) nicht kennen.

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